Der freiwilligen AyO Mitarbeiters Sergio Cardenas (20) spielt mit Kindern und Jugendlichen waehrend eines AyO Workshops. Hier lernen sie spielened auf ihre Rechte zu bestehen und deshalb Kind sein zu duerfen. Die Organisation AyO ermoeglicht Kindern aus strukturschwachen Familien Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung. Projekt: Alternativas y Oportunidades (AyO)
Voluntourismus

Im Urlaub mal eben die Welt retten?

Anderen Menschen zu helfen ist ein hehres Ziel, doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen manchmal auseinander. Problematisch wird es, wenn kommerzielle Anbieter Reisen mit sozialem Engagement im Programm haben.

Engagement und Voluntourismus

Viele Deutsche möchten sich im Urlaub gern sozial engagieren. Auf diesen Wunsch hat die Tourismusbranche längst reagiert und bietet eine Mischung an aus Freiwilligendienst, auf Englisch Volunteering, und der normalen Urlaubsreise, also Tourismus. Beim sogenannten Voluntourismus können die Reisenden zum Beispiel für vier Wochen an einer Schule in Ghana Englisch unterrichten oder in einer Auffangstation für verletzte Wildtiere in Costa Rica mitarbeiten. Inklusive Flug, Reise-Organisation und Unterkunft kosten solche Pauschalreisen mehrere tausend Euro, doch ihr Nutzen ist begrenzt.

„Für viele Angebote gilt leider: zu kurz, zu wenig Vorbereitung und kaum Schutz der Kinder vor Ort.“

Antje Monshausen

Referentin für Tourismus und Entwicklung

Voluntourismus kann schaden

Kaum ein Anbieter überprüft, ob die Voluntourismus-Interessierten die Motivation und notwendige Qualifikation mitbringen, um sich sinnvoll in das Projekt vor Ort einzubringen. Vorbereitungskurse gibt es oft nur gegen Bezahlung, sie sind meist zu kurz und fast nie verpflichtend. Wenn aber solche Reisen in erster Linie die Wünsche der zahlenden Kunden befriedigen, werden die aufnehmenden Vereine zu touristischen Dienstleistern und die Menschen vor Ort zur Kulisse. Partnerschaften auf Augenhöhe und gemeinsames Lernen sind so nicht möglich.

Im schlimmsten Fall richtet Voluntourismus sogar Schaden an. Da in den meisten Entwicklungsländern hohe Arbeitslosigkeit herrscht, belasten die kostenlos arbeitenden Voluntouristen den Arbeitsmarkt zusätzlich. Besonders problematisch aber sind Einsätze mit Kindern: Durch das zunehmende Interesse an der Mitarbeit in Waisenhäusern steigt auch die „Nachfrage“ nach Heimkindern. Skrupellose Mittelsmänner überreden Eltern, ihre Kinder in Heime zu geben und versprechen gute Bildung und ein besseres Leben, doch sie wollen nur Geld verdienen, wie Studien etwa von Unicef belegen. Die Trennung von der Familie und der permanente Wechsel der Bezugspersonen, also den Kurzzeit-Freiwilligen, führen bei den Kindern zu Traumata und Bindungsstörungen.

Freiwilligendienst statt Kurzurlaub

Wer die Lebenssituation anderer Menschen verbessern möchte, muss sich im Vorfeld intensiv mit ihren Bedürfnissen auseinandersetzen und mit den eigenen Fähigkeiten. Als Leitfrage können sich Interessierte daran orientieren, ob sie in Deutschland ausreichend qualifiziert sind, um die angestrebte Aufgabe zu bewältigen. Wer mit wenig Berufserfahrung ins Ausland geht, sollte möglichst lange bleiben. Das ist beispielsweise mit dem Weltwärts-Programm möglich, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gefördert und von Brot für die Welt unterstützt wird.

Weltwärts versteht sich nicht als Hilfsdienst, sondern als entwicklungspolitisches Lern- und Austausch-Programm. Es erfüllt außerdem wichtige Qualitätsstandards wie eine mehrwöchige Vor- und Nachbereitung der Freiwilligen sowie eine Aufenthaltsdauer im Zielland zwischen sechs und 24 Monaten.

Was Brot für die Welt tut

Bereits seit 2008 entsenden wir jedes Jahr junge Erwachsene mit dem Weltwärts-Programm, die wichtige Erfahrungen sammeln in den Projekten unserer Partnerorganisationen im Globalen Süden. Viele der Freiwilligen engagieren sich später ehrenamtlich in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Wir vermitteln ebenso Freiwillige aus dem Globalen Süden nach Deutschland.

Mit unserer Arbeitsstelle Tourism Watch engagieren wir uns außerdem für faires und begegnungsorientiertes Reisen. Wir setzen uns für einen Tourismus ein, der die Menschen vor Ort in den Mittelpunkt stellt und ihre Lebensbedingungen verbessert. Nur so ist der Tourismus sowohl für Reisende als auch die Gastgeberinnen und Gastgeber eine bereichernde Erfahrung.

Was Sie tun können

Wenn Sie Interesse an sinnvollem Engagement im Ausland haben, nutzen Sie das Weltwärts-Programm für junge Erwachsene. Falls Sie doch mit einem Voluntourismus-Anbieter ins Ausland gehen möchten, stellen Sie kritische Fragen.

Oder buchen Sie einen Urlaub, der nicht nur für Sie, sondern auch für die Menschen vor Ort eine gute Wahl ist: Unternehmen Sie eine nachhaltige Reise mit einem von TourCert zertifizierten Reiseveranstalter. So stellen Sie sicher, dass ein guter Teil Ihrer Ausgaben im Reiseland verbleibt und den Menschen nutzt. Buchen Sie über unabhängige Tourismus-Initiativen, die zum Beispiel Übernachtungen bei Bauernfamilien anbieten. Dabei können Sie intensive Erlebnisse und authentische Eindrücke von der Lebenssituation der Menschen vor Ort gewinnen. Zu guter Letzt können Sie sich auch zu Hause in Sozial­ und Umweltprojekten engagieren und so einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung direkt vor der Haustür leisten.

Material zum Mitnehmen

Voluntourismus überprüft

Wir haben 50 Angebote kommerzieller Voluntourismus-Anbieter untersucht und viele Mängel festgestellt. Die Reisen sind oft zu kurz, die Vorbereitung fehlt und es sind immer wieder Kinderheime im Angebot. Wie junge Menschen trotzdem helfen können, lesen Sie hier.

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